Kultur, Freizeit & Tourismus

Gläschen

Das Winzerfestgläschen 2024

Der Heddersdorf'sche Hof als Motiv auf dem diesjährige Winzerfestgläschen und in Original im Hintergrund

In diesem Jahr folgte die Wahl des Motivs für das Winzerfestgläschen einmal mehr der alten Tradition der Umstädter Gebäude zu. Es ist das Abbild des Heddersdorf`schen Adelshofes. Anlass hierfür ist die gelungene Sanierung der Fassade und des historischen Treppenhauses, die im vergangenen Jahr abgeschlossen werden konnte. Der Hof ist Teil des Stadtrundgangs und der regelmäßigen Stadtführungen und gehört zu Umstadts sieben Schlössern bzw. fünf Schlössern und zwei Adelshöfen.

Der Heddersdorf`sche Hof liegt etwas versteckt nahe dem Rathaus in der Rodensteiner Straße. Die gesamte Anlage ist umgeben von einer hohen Bruchsteinmauer. Das Haupthaus liegt zurückgesetzt in der Mitte der Anlage. Auf der Westseite steht eine geräumige Scheune, die erst im 19. Jahrhundert zur landwirtschaftlichen Nutzung gebaut wurde. Auf der östlichen Seite befindet sich ein Hochgarten und beidseitig neben dem Haupthaus stehen mehrere kleine Schuppen. Im Treppenhaus befindet sich eine Eichenholztreppe mit an zwei einem Stück gedrechselten Säulen. Im Eingangsbereich ist eine sogenannte „Berliner Decke“ zu sehen. In den oberen Räumen ist eine Stuckdecke aus Lehm mit floralen Ornamenten, in den unteren ein historischer Holzwandschrank und tiefe Fensternischen gut erhalten.

Die Fassade erstrahlt seit letztem Frühjahr in neuer Schönheit. Nachdem der Putz nach etwa 60 Jahren entfernt werden musste, kam zur Überraschung aller Beteiligten ein wunderbares Schmuckfachwerk hervor. Es gab keine Bilder des Urzustands, daher konnte man vorher darüber nur mutmaßen. Der aufwendig gestaltete Fachwerkaufbau, ist mit profilierten Balken und schönen Schnitzereien, insbesondere am Eckständerbalken, erstaunlich gut erhalten.

Die Sanierungsmaßnahme barg viele Schwierigkeiten für die jeweiligen Gewerke. Es galt zahlreiche Kabel an den Außenwänden zu entfernen oder beim verputzen verschwinden zu lassen. Die Sandsteinfenster und der Türbogen wurden Instand gesetzt. Durch Feuchtigkeit zerstörte Hölzer wurden fachmännisch ausgebessert oder ersetzt. Die alte Resopaltür wich einer stilgerechten massiven Rundbogentür. Das schwierigste Thema jedoch war der Umgang mit dem Putz. Es bedurfte einiger Besprechungen und die Hinzuziehung verschiedenster Fachleute bis man Einigung über den zur Bausubstanz des historischen Gebäudes passenden Putz erzielen konnte. Die Farbgebung wurde gemäß einem historischen Farbbefund der begutachtenden Restauratorin gewählt. In unzähligen Ortsterminen mit den durchführenden Handwerksbetrieben aus Groß-Umstadt und der Region, mit der Denkmalschutzbehörde und der Eigentümerin wurden alle Fragen eingehend abgestimmt. So konnte das unscheinbar graue Haus in ein „baukünstlerisches Schmuckstück“ verwandelt werden, wie es die Leiterin der Denkmalpflege Wiesbaden in der Zeitschrift „Denkmal Hessen 2023/02“ betitelte. Allen Beteiligten sei an dieser Stelle für den unermüdlichen Einsatz und andauernde Flexibilität herzlich gedankt!

Der Adelshof ging mit seiner langen Geschichte aus einem Burgherrensitz im 13. Jahrhundert hervor.  Seit dem Ende des 16. Jahrhundert war er in Besitz der Adelsfamilie derer von Heddersdorf. Seitdem ist das Hauptgebäude in der bis heute erhaltenen Form. Als letzter der Adelsfamilie verblieb Hans Ulrich von Heddersdorf kinderlos. Sein Vermögen war zum Zeitpunkt seines Todes unter anderem in Folge des 30jährigen Krieges überschuldet. Der Hof wurde verkauft und ging in den folgenden Jahrhunderten durch verschiedene Hände.

Hier die Eigentümer im Überblick:
♦ Seit dem 13. Jh. Burgsitz der Adelsfamilie Wambolt von Umstadt
♦ 1560 ging es durch Erbauseinandersetzung an Friedrich von Ratzeburg
♦ 1568 durch eine Testamentsverfügung der Witwe an deren Schwester und nach ihrem Ableben an die Adelsfamilie von Heddersdorf
♦ 1686 kaufte der Hess. Amtskeller Tobias Chelius Haus und Grund
♦ 1725 ging es an dessen Enkel, den fürstl. Hess. Darmstädter Camerschreiber und spätereren Landeskommissarius Musculus 
♦ Mitte 1700 kauft „Die gnädiste Herrschaft“ (Landgräfl. Hess. Haus Familien Eigentum) den Adelshof und richteten dort das 2. Luther Pfarrhaus ein
♦ 1849 kauft Balthasar Hillerich den Adelshof
♦ 1893 übernimmt dessen Sohn Bernhard Hillerich lV den Hof
♦ 1933 erbte Elisabeth Ritzert, geb. Hanstein das Gut und Hof
♦ 1959 durch Gutsübergabe an Minna Weber geb. Ritzert übergegangen
♦ 1990 durch Gutsübergabe an Marlene Brehm, geb. Weber
♦ 2021 durch Gutsübergabe an Barbara Brehm 

Der Hof hat sowohl den 30-jährigen Krieg, den Großbrand in der Curtigasse 1887, die beiden Weltkriege und so vieles mehr unbeschadet überstanden und erlebt. Insbesondere während und nach dem II. Weltkrieg hat er vielen Familien als Heim gedient und viele Kinder aufwachsen sehen. Dies ist bis heute so. Er wird privat bewohnt und ist daher nicht öffentlich zugänglich. Jedoch hat man vom Tor aus einen schönen Blick auf das Gebäude.

Bild und Text: Barbara Brehm
Quellen: Veröffentlichung Odw. Bote Georg Füssler 1970, Aushang im Flur des Hauses

 

Standort

Rodensteiner Straße 4
64823 Groß-Umstadt