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75 Jahre Grundgesetz
Demokratie, Freiheit, Menschenwürde und
Vielfalt seit dem 23. Mai 1949
Demokratie, Freiheit, Menschenwürde und Vielfalt seit dem 23. Mai 1949
In diesem Jahr feiern wir 75 Jahre Grundgesetz: Am 23. Mai 1949 trat die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland in Kraft und schützt seitdem unsere Demokratie und Werte wie Freiheit, Menschenwürde und Vielfalt.
Bürgermeister René Kirch erläutert hierzu: „Dass Demokratie nicht selbstverständlich ist, wird uns in jüngster Zeit mahnend bewusst. Wir müssen für unsere Demokratie kämpfen, wir müssen die Werte unseres Grundgesetzes verteidigen. Umso ermutigender sind die vielen Demonstrationen engagierter Menschen, die bei den verschiedenen Demonstrationen für Demokratie und unsere Werte auf die Straße gehen, wie bei der Kundgebung für Demokratie und Zusammenhalt bei uns in Groß-Umstadt.“
Dies war Anlass genug in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 23.05 diesen Jahres an diesen Anlass zu erinnern.
„Die deutsche Demokratie und die Grundrechte der Menschen sind im Grundgesetz, unserer Verfassung, klar niedergeschrieben. Das Grundgesetz regelt in einer sehr guten Weise das Zusammenleben und die demokratischen Prozesse in unserem Land. Es schreibt uns als Städten im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung die Möglichkeit zu, unsere Angelegenheiten in eigener Verantwortung zu regeln. Das Grundgesetz ist als Provisorium geschaffen worden und hat sich als sehr gute Verfassung für unser Land etabliert,“ sagt Bürgermeister René Kirch
Zur Geschichte des Grundgesetzes:
Der Weg zur Demokratie in Deutschland war steinig. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges teilten am 1. Juli 1948 im Rahmen der „Frankfurter Konferenz“ die West-Aliierten Frankreich, England und USA den obersten Repräsentanten der von ihnen besetzten Gebiete ihre Pläne für einen Weststaat mit. Dies führte bei den Repräsentanten Deutschlands zu großen Bedenken, befürchteten sie doch eine endgültige Teilung Deutschlands, da die vierte Besatzungsmacht – Russland – nicht mit den drei ehemaligen Verbündeten zusammenarbeiten wollte. Auch wenn noch während der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 eine große Lösung eines aus den vier Besatzungszonen bestehenden deutschen Nachkriegsstaates im Raume stand, war dies von Seiten Russlands aus nicht gewünscht. Frankreich hätte zu Beginn auch eine andere Lösung bevorzugt, nämlich einen lockeren Zusammenschluss vieler verschiedener deutscher Kleinstaaten. Die Führungen in London und Washington sahen allerdings in einem größeren und einheitlichen Staat mehr Potential für die ökonomische Leistungsfähigkeit Nachkriegsdeutschlands. Frankreich konnte überzeugt werden und die deutschen Länderchefs erfuhren schließlich am 1. Juli, welche Wege für ihr besetztes Land geplant waren. Ein Mitsprache- oder Diskussionsrecht hatten die deutschen Länderchefs nicht. Wohl aber die Aufgabe, bis zum 1. September 1948 eine Versammlung einzuberufen, welche die Aufgabe erhielten, eine demokratische Verfassung auszuarbeiten, welche für die beteiligten Länder eine Regierungsform erschafft, welche am besten geeignet sei, die zerrissene deutsche Einheit wiederherzustellen, die Rechte aller beteiligten Länder schützt und die Garantien individueller Rechte und Freiheiten der Bevölkerung beinhalten soll.
Bestandteil der Planungen war die Vorstellung, dass der auf westdeutschem Gebiet zu errichtende "Kernstaat" stellvertretend für die deutsche Nation als Gesamtheit agieren und dass sich eines Tages die sowjetische Besatzungszone anschließen würde.
Zudem vertraten die Mehrheit der westdeutschen Politiker die "Magnettheorie", nach der eine steigende ökonomische und politische Attraktivität der Westzonen die sowjetische Besatzungszone geradezu magnetisch anziehen werde.
Die deutschen Wünsche trafen während der Abschlussverhandlungen auf keine große Gegenliebe bei den westlichen Besatzungsmächten. Großes diplomatisches Geschick führte jedoch schließlich zum Einverständnis der westlichen Besatzungsmächte zur Errichtung der Bundesrepublik und in Folge dessen zur Erarbeitung des Grundgesetzes.
Der „Herrenchiemseer Verfassungskonvent“ entwarf „Richtlinien für ein Grundgesetz“ und den Entwurf eines Grundgesetzes mit 149 Artikeln, von welchen viele zusätzlich in alternativen Versionen formuliert waren. Darüber hinaus wurde auch noch ein Kommentar mit Einzelerläuterungen zu bestimmten Artikeln erarbeitet.
Aus heutiger Sicht hat man sich daran gewöhnt, dass das Grundgesetz die deutsche Verfassung ist. Zu damaliger Zeit war es jedoch so, dass das Grundgesetz wichtige Attribute einer Verfassung eben nicht besaß. So wurde es nie vom deutschen Volk in einem Referendum ratifiziert, es war auch nicht dafür gedacht, einen neuen deutschen Nationalstaat zu begründen, sondern sollte lediglich aus den drei westlichen Besatzungszonen ein einheitliches Staatsgebiet machen.
Für eine fehlende Ratifizierung gab es im Jahr 1949 viele gute Gründe. Die CDU/CSU schlug vor, durch die Länderparlamente einen „Parlamentarischen Rat“ zu wählen, welcher das Grundgesetz als „vorläufige organisatorische Grundlagen“ für den Zusammenschluss der drei Zonen schaffen sollte und zeitgleich die „Interessen der deutschen Bevölkerung gegenüber den Besatzungsmächten“ zur Geltung bringen sollte. Auch die SPD war gegen einen Volksentscheid und die damit verbundene Ratifizierung, unter Anderem, weil die Länderparlamente in der östlichen Besatzungszone ausgeschlossen waren. Es sollte nur ein Provisorium anstelle eines Einheitsstaates geschaffen werden und der fehlende Volksentscheid sollte dies verdeutlichen. So kam es dazu, dass ein „Parlamentarischer Rat“ anstelle einer „Verfassungsgebenden Versammlung“ agierte und ein „Grundgesetz“ anstelle einer „Verfassung“ dabei herauskam.
Nichts hält so lange wie ein Provisorium
C´est le provisoire qui dure – es ist das Provisorium, das Bestand hat. Das Grundgesetz, ursprünglich nur für eine Übergangszeit gedacht, nämlich bis sich das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung eine neue Verfassung gibt, blieb bestehen. Auch nach der Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschlands mit der Deutschen Demokratischen Republik. Zwar wäre es an dieser Stelle möglich gewesen, eine neue Verfassung auszuarbeiten und vom deutschen Volk in freier Entscheidung auf dem Wege eines Referendums ratifizieren zu lassen, aber um den Vorgang der Wiedervereinigung zu beschleunigen, verzichtete man im Rahmen der Verhandlungen darauf. Alle notwendigen Änderungen wurden im Rahmen des Grundgesetzes bearbeitet, aus dem Provisorium Grundgesetz wurde eine Verfassung als Definitivum.